Apple und Facebook liegen im Clinch, denn mit Änderungen in iOS 14 wird die Datensammlung für Werbeanbieter stark eingeschränkt. Das betrifft langfristig alle Werbetreibenden – auch dann, wenn Sie vor allem Android-Nutzer*innen adressieren. Wir fassen die wichtigsten Änderungen zusammen und zeigen, warum sich vor allem werteorientierte Unternehmen oder NGOs langfristig keine Sorgen machen müssen.
Zu Beginn ein Hinweis: Dieser Artikel ist aufgrund des komplexen Themas recht lang geworden. Zur besseren Orientierung haben wir ihn daher in drei Teile gegliedert:
- Die Veränderungen in iOS 14 und ihre Bedeutung (long read)
- Was Werbetreibende jetzt tun können
- Strategien für werteorientierte Unternehmen und NGO
1. Die Veränderungen in iOS 14 und ihre Bedeutung
iOS 14: Was ändert Apple durch das Update?
Mit Blick auf Facebook Ads – und auf Dauer sämtliche Social Ads – sind vor allem drei Änderungen relevant. Bevor wir diese besprechen ein kurzer Hinweis: Das Thema wird schnell enorm technisch. Daher fassen wir hier die Änderungen zusammen, geben einen Überblick. Wenn Sie alle Details wollen, werden Sie bei Apple fündig.
Um welche Änderungen geht es also
- Nachfrage, ob Tracking gewünscht ist
Die neue Richtlinie verlangt von Apps, bei Nutzer*innen die Erlaubnis für das Tracking von Daten einzuholen. Das passiert durch ein Pop Up, das bei jeder App und vor der Datenabfrage erscheint. Hier können Nutzer*innen entscheiden, ob sie Datensammlung zulassen oder verweigern. Wir gehen davon aus, dass ein nicht unerheblicher Teil – wie groß der sein wird, lässt sich heute noch nicht sagen – der Nutzer*innen die Datensammlung ablehnen wird. Doch auch wer dem Tracking zustimmt, liefert künftig weniger Daten für Werbetreibende als heute. - Die SKadNetwork API
Das liegt vor allem an der dem neuen Framework, das Apple für die Abfrage und Erfassung der Daten mit iOS 14 einführt. Nicht nur Facebook, sondern auch andere Plattformen müssen sich darauf einstellen. Die neue Schnittstelle ist mit großen Einschränkungen verbunden – aus der Sicht der Plattformen gesprochen. Ohne zu technisch zu werden: Künftig werden Daten mit bis zu drei bis vier Tagen Verzögerung ausgegeben und stärker aggregiert sein als bisher. Bedeutet konkret: Daten kommen zeitlich verzögert und ungenauer an als bisher. Das beeinflusst natürlich auch die Steuerung von Kampagnen – und zwar negativ. - Details zur App Privacy
Mit der neuen iOS-Version werden alle Apps dazu verpflichtet, sogenannte „Data Nutrition“-Labels anzugeben. Diese zeigen, wie Anwendungen Daten von Nutzer*innen sammeln und verwenden. Anbieter*innen und Entwickler*innen von Applikationen sind somit dazu verpflichtet, diese Informationen mit dem Label in den App Store Connect von Apple hochzuladen.
Wie reagiert Facebook auf die neuen Apple-Richtlinien?
Die von Apple umgesetzten Änderungen können aus Sicht der individuellen Privatsphäre sinnvoll und angemessen aussehen. Facebook sieht das – als Anbieter, eine Plattform fast schon naturgemäß – anders. Trotz einer umfangreichen und lautstark gefahrenen PR-Kampagne gegen die Änderungen hat Facebook schlussendlich die Kröte geschluckt und nimmt notwendige Änderungen vor. Dazu gehören vor allem:
- Einhaltung des Tracking-Opt-Outs – Bisher nutzte Facebook den “Warum sehe ich das?”-Button bei Anzeigen, um Transparenz zu schaffen. Mit den neuen Richtlinien wird das Tracking für die jeweilige App erlaubt oder untersagt. Facebook hält sich dann an die Entscheidung der Nutzer*innen.
- SKadNetwork API Einbindung – Das große Social-Media-Netzwerk übernimmt die SKadNetwork API von Apple. Auf diese Weise können auch weiterhin Konversionsdaten der App mit Erlaubnis des Nutzers abgefragt werden. Die API übermittelt die gesammelten Daten, die eingeschränkt sind und vorab aggregiert werden.
- Einführung von Aggregated Event Measurement (AEM) – Hier implementiert Facebook ein neues Protokoll, dass eine aggregierte Verhaltensmessung ermöglicht. Kurz gesagt: Es lassen sich dann nur noch maximal 8 Conversion-Ereignisse messen.
Facebook aktualisiert das App SDK – Auch das Facebook SDK v8.1. oder höher wird im Rahmen der Maßnahmen erneuert. Denn nur so kann die SKadNetwork API von Apple sinnvoll unterstützt und Daten aggregiert gesammelt werden. Trotz iOS 14 wird damit in diesem Network eine Nutzung der Daten für Monetarisierung nicht ausgeschlossen sein – aber nur, wenn Nutzer*innen diesem vorher zugestimmt haben.
Auswirkungen durch die Veränderungen von Facebook
Vor allem die von Facebook – als Reaktion auf Apples neue Vorgaben – vorgenommenen Veränderungen werden für Werbetreibende spürbare Auswirkungen haben. Diese betreffen vor allem die Attribution und das Reporting, das Tracking, die Optimierung sowie das Targeting und die Auslieferung der Ads.
Sobald die neuen Regeln in Kraft treten, verändert sich das Standardfenster für die Attribution von 28 Tage auf maximal 7 Tage (7-Day-Cklick). Der 7-Day-Click und 1-Day View werden zum neuen Standard. Reportings werden ungenauer, da durch Opt-Outs die Menge und die Qualität der Daten sinkt. Auch die Aufschlüsselung von Zielgruppen – beispielsweise nach Geschlecht – wird deutlich unschärfer.
Wie bereits erwähnt, werden Sie nur noch für acht unterschiedliche Conversion-Events optimieren können. Das Facebook-System ist künftig, wenn sich Nutzer*innen gegen das Tracking entscheiden, nur noch in der Lage, ein Event zu tracken. Ergo: weniger Conversion Daten. Dabei wählt Facebook das Tracking-Event mit der höchsten Priorität aus, welches die Werbemanager*innen vorab im Facebook Werbeanzeigenmanager definiert hat.
Insgesamt werden deutlich weniger Daten gesammelt. Das wird sich vermutlich vor allem bei Remarketing und Retargeting-Zielgruppen auswirken, die kleiner und weniger differenziert ausfallen werden.
2. Was Werbetreibende jetzt tun können
Sie haben sich bis hierhin alles durchgelesen? Danke für Ihre Aufmerksamkeit und Zeit. Vermutlich haben Sie jetzt eine Frage im Kopf: Was genau kann ich tun, damit sich die Änderungen nicht negativ auf meine Werbekampagnen auswirken?
Unsere Antwort: Eine Patentlösung oder absolut sichere Empfehlung gibt es nicht, dazu ist es einfach noch zu früh und die Auswirkungen sind zu unklar. Dennoch gibt es einige Maßnahmen, die Sie jetzt ergreifen können, wenn Ihnen die optimale Wirkung Ihrer Werbekampagnen wichtig ist.
- Verifizieren Sie Ihre Domain
Zugegeben, das sollten Sie ohnehin tun, wenn Sie den Facebookpixel nutzen und die dadurch gesammelten Daten sinnvoll einsetzen wollen. Mit den kommenden Änderungen wird die Verifizierung jedoch noch wichtiger, damit Sie mit den noch verfügbaren Conversion-Events arbeiten können. Richten Sie bei dieser Gelegenheit auch gleich das 1st Party Tracking für den Pixel ein. - Acht Pixel-Events pro Domain angeben
Die Reduktion auf maximal acht Conversion-Events bedeutet auch, dass Sie diese Events auf jeden Fall klar und auf Ihre Ziele ausgerichtet festlegen sollten. Wenn Sie aktuell mehr Events definiert haben, sollten Sie priorisieren und sich auf die acht wichtigsten einigen. - Kampagnen auf neue Attributionsfenster einstellen
Bereiten Sie sich auf den neuen Standard vor, der für das Attributionsfenster gelten wird – 7-Tage-Klick oder 1-Tag-View. Exportieren Sie außerdem die bisher erfassten historischen Daten. Künftig werden Ihnen diese nur noch (eingeschränkt) über die Insights API zur Verfügung stehen.
Wenn Sie noch mehr tun wollen, hat Facebook entsprechende Tipps zusammengestellt.
3. Strategien für werteorientierte Unternehmen und NGO
Wer die von Apple vorgenommenen Veränderungen primär aus Sicht der Werbetreibenden und Werbenetzwerke betrachtet, kann sich berechtigt Sorgen machen. Bei dem einen oder der anderen stellen sich vielleicht sogar Frust und Ärger ein.
Manch eine*r mag sogar argumentieren, dass Konsument*innen unter den Änderungen leiden, da sie künftig weniger personalisierte Werbung und damit unpassendere Werbeanzeigen sehen.
Doch es gibt auch eine andere Perspektive. Aus Sicht der Nutzer*innen sind die Änderungen durchaus zu begrüßen. Zwar können die zahlreich aufpoppenden Trackingabfragen nerven, doch die Nutzer*innen erhalten durch diese mehr Kontrolle darüber, wer ihre Daten sammeln darf und wer nicht.
Es ist richtig, dass sich die messbare Wirkung von Social Ads aus Sicht der Datenqualität auf Dauer vermutlich verschlechtern wird, da für uns Werbetreibende das Tracking stark eingeschränkt wird. Doch das muss nicht für die Gesamtwirkung der Ads gelten. Hier haben werteorientierte Unternehmen und NGO langfristig klare strategische Vorteile gegenüber rein kommerziell ausgerichteten Unternehmen.
Denn mit nachlassender Datenqualität werden die Reputation einer Marke oder Organisation und das Vertrauen, das Nutzer*innen und Kund*innen ihnen entgegne bringen, noch wichtiger für die Wirkung der Ads. Werteorientierte Unternehmen und NGO verfügen hier meist über starke und auf Vertrauen basierenden Beziehungen zu ihren Adressat*innen.
Handelt es sich um den ersten Kontakt zu potenziellen Neukund*innen und Unterstützer*innen, profitieren sie von ihrer vertrauenswürdigen Reputation und von der Werte- und Sinnorientierung ihrer Arbeit, Produkte und Marke.
Zusammengefasst: Ja, die von Apple gesetzten neuen Richtlinien und die von Facebook daraufhin vorgenommenen Änderungen werden die Wirkung von Social Ads langfristig beeinflussen. Da Vertrauen und Reputation dadurch noch größere Einflussfaktoren für Kund*innen und Unterstützer*innen werden, können werteorientierte Unternehmen und NGO mit der richtigen Strategie hier jedoch punkten. Wie sich die Änderungen in iOS 14 tatsächlich auf Facebook Ads und auch auf den SEA Bereich auswirken, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Wir halten Sie hier natürlich auf dem Laufenden und fassen unsere Erfahrungen in kommenden Artikeln zusammen.
Wenn Sie Ihre Kampagnen schon heute auf die Veränderungen vorbereiten wollen, können Sie uns über unser Kontaktformular anschreiben. Wir unterstützen Sie gerne bei der Vorbereitung.